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Hermann Werdeling, Ernst Kötterheinrich, Bernhard Beckmann, Hermann Lünnemann und Gottfried Bercks (v.l.) hoffen auf Unterstützung bei der Erforschung der Flurnamen. Foto: Wilhelm Alff |
Angesprochen werden sollen nicht nur die Hofbesitzer, sondern auch andere in den Bauerschaften Tätige wie Nachbarn, Grundeigentümer, Pächter, Wald- und Grabenarbeiter, Förster und Jagdpächter. „Wurden die Namen in plattdeutsch alle einheitlich aufgeschrieben ?“ lautet eine der vielen Fragen, die die Gruppe beantworten will.
Bis zum Herbst 2014 will man mit der Befragung soweit sein, dass die bis dahin erkundeten Ergebnisse von Dr. Timothy Sodmann (Südlohn), langjähriger Leiter des Landeskundlichen Instituts Westmünsterland, bewertet werden kann.
„Wegen der laufenden Eingriffe in die Landschaft, Veränderungen in der Viehwirtschaft, geänderte landwirtschaftliche Nutzungen, Abnahme der Vollerwerbshöfe und immer weniger platt Sprechenden dürfen wir keine Zeit verlieren“, unterstreicht Gottfried Bercks die Notwendigkeit, ein Flurnamenkataster zu erstellen. Im Kreis Borken aber auch in Billerbeck und Coesfeld ist dies bereits geschehen.
Flurnamen sind mehr als nur Ortsbezeichnungen. In ihrem plattdeutschen Wortschatz können wichtige Aufschlüsse über sprachliche, historische, geografische und sozio-ökonomische Veränderungen gewonnen werden. Sie werden bis in die heutige Zeit gebraucht. Mündlich überlieferte Flurnamen belegen häufig die Übergänge von der Angabe der reinen Nutzungsart beziehungsweise des Besitzers hin zu den heutigen Namen. Entscheidend war, dass die Bezeichnung wie ein Flurname benutzt wurde und eine Parzelle in der näheren Umgebung kennzeichnete.
Das Projekt Flurnamenforschung im Westmünsterland wurde bereits zu Beginn der 80er Jahre im Kreis Borken gestartet. Auch dort wurden Landwirte von ihnen bekannten Mitgliedern der Heimatvereine teilweise mehrfach befragt. Dadurch konnten oft Fragen und Ungereimtheiten geklärt und bisher namenlose Flächen benannt werden.
Mit Orts- und Landschaftsnamen haben Flurnamen gemeinsam, dass sie ehemalige oder noch vorhandene reale Sachverhalte widerspiegeln. Wie aus dem Ortsnamen „Burgsteinfurt“ - „Burg an der steinernen Furt“ - oder „Ostendorf“ - „östlich des Dorfes gelegen“ die Namensgebung deutlich erkennbar ist, so lässt sich dies auch an den Flurnamen „Peerekämpken“, „Haaferkamp“, „lange Wiiske“ oder „Steenkuhle“ deutlich ablesen. Allerdings kann man nicht davon ausgehen, dass bei Veränderung der ursprünglichen Nutzungsverhältnisse auch die Namen der Flure sich in jedem Fall geändert haben; beispielsweise, wenn aus der Pferdewiese ein Acker, anstatt Hafer Weizen angebaut, bei der langen Wiese eine Zusammenlegung erfolgte oder die Steinkuhle verfüllt und aufgeforstet wurde. In diesen Fällen ist die ehemalige Namensgrundlage verloren gegangen, so dass keine Rückschlüsse mehr auf die Namensgebung möglich sind.. Hier ist der Flurname zu einem richtigen Namen geworden.
Sprachwissenschaftler schätzen an den Flurnamen die Differenzierungen, die in der Hochsprache zum Teil abhanden gekommen sind. So wird heute mit „Busch/Wald“ jegliche Art von Baumbestand bezeichnet. In den Flurnamen finden sich jedoch zusätzliche Unterscheidungen wie „Holt“ für einen als Schlagholz genutzten Hochwald, „Horst“ für Niederwald, „Strau“ für Sumpfwald, „Forst“ für bewirtschafteter Wald oder Lau für lichter Wald. Auch frühere Besitzverhältnisse lassen sich an den Namen ablesen.
Im preußischen Grundsteuerkataster (Urkataster), das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert angelegt wurde, sind oft über Jahrhunderte erfasste Flurnamen aus der Zeit vor 1800 gesammelt, die weitere wertvolle Aufschlüsse liefern.
Die ersten Ergebnisse von lebenden Flurnamen für die Burgsteinfurter Bauerschaften Hollich, Sellen und Veltrup wurden vom Arbeitskreis inzwischen zusammengetragen. „Die dabei geführten Gespräche mit den Hofbesitzern erfolgten überwiegend in Plattdeutsch. Nicht nur, weil es bei der Mehrzahl der Höfe in der älteren Generation noch Umgangssprache ist, sondern nur das Plattdeutsche die lebenden Flurnamen auch richtig wiedergeben kann“, berichtet Gottfried Bercks.
„Die meisten Landwirte waren gerne bereit, Auskünfte zu ihren Fluren zu erteilen. Aber es gab auch welche, die sich nur sehr zurückhaltend äußerten“, hofft Bercks bei der weiteren Flurnamenerfassung auf weitere Unterstützung durch die ländliche Bevölkerung.
Ziel des Arbeitskreises ist es, jedem Flurstück der Grundkarte einen Namen zuzuordnen. Später könnten die Karten dann öffentlich ausgelegt oder in Buchform verfasst werden.