Von Günther Hilgemann
So vertraut und doch neu beleuchtet. So könnte man den Vortrag von Ingeborg Höting kommentieren, den die Historikerin vor mehr als 30 Zuhörern auf Einladung des Heimatvereins in der Niedermühle hielt. Burgsteinfurt um 1500, da wurde das Zeitrad um 500 Jahre zurückgedreht. Und was sich da vor und hinter den Mauern der Burg oder hinter den Türen der Ackerbürgerhäuser abspielte, hatte die Referentin vor rund 25 Jahren in ihrer Examensarbeit aus Originalquellen der Archive zusammengetragen. Selten bekommt man die facettenreiche Geschichte unserer alten Stadt so kompakt vor Augen geführt.Da werden plötzlich neue Zusammenhänge deutlich, die man als Hobbyhistoriker anders bewertet hatte. Höting ließ Vermutungen und daraus resultierende Schlussfolgerungen nicht zu, sondern konzentrierte sich ausschließlich auf das, was schriftlich überliefert ist. Spannend dürfte es im Stadtgeschichtspuzzle werden, wenn die neueren Erkenntnisse aus den baugeschichtlichen und archäologischen Funden mit den schriftlichen Quellen vermischt werden. Bis dahin dürfen sich die Burgsteinfurter weiter darüber freuen, dass das 1570 gebaute Türmchen auf dem Alten Rathaus seinen Kopf deutlich über die Firstspitze des Weinhauses reckt. Damals Ausdruck des Selbstbewusstseins der Bürgerschaft gegenüber ihrem Landesherrn, dem das „kleine“ Weinhaus gehörte. Auch die Baugeschichte unseres Schlosses, auf die Höting ausführlich einging, lässt sich zurzeit an der „nackten Haut“ des Schlosses genauer ablesen. Buddenturmreste und Schießscharten zeichnen sich im freigelegten Mauerwerk deutlich ab. Überbleibsel aus Zeiten, in denen die Steinfurter Edlen und Grafen regelmäßig in Fehden verwickelt waren. „Spätestens mit der Erfindung der Kanonen“, so Höting, „traten Verträge an die Stelle von Kriegen, sonst gäbe es das Schloss nicht mehr.“
Bildzeile: Gut besucht war der Vortrag von Ingeborg Höting in der Niedermühle über die Residenz Steinfurt vor 500 Jahren