Wer sind wir? Woher kommen wir? Solche und weitere Fragen erreichen Ingrid König und Petra Weiner immer häufiger. Seitdem sich die Internet-Plattform „stenvorde.de“ ausführlich im Steinfurter Raum mit Ahnenforschung beschäftigt, steigt das Interesse. „Wir versuchen zu helfen, wo wir können“, sagt Ingrid König, die mittlerweile schon um etwas Geduld bitten muss, wenn sie mal wieder Post aus aller Herren Länder mit der Bitte um Unterstützung auf der Suche nach Vorfahren erreicht. Ahnenforschung braucht Zeit. Das hat sich jetzt wieder beim Besuch von Helga Schulz in Burgsteinfurt bestätigt.
Fünf Tage hat die Holländerin mit ihrem Lebensgefährten Patrick van Gils in Burgsteinfurt verbracht, wo sie nach Wurzeln ihrer Familie gesucht und tatsächlich auch einige wertvolle Hinweise gefunden hat. Die 56-Jährige ist (in siebter Generation) eine Urururur-Enkelin des 1803 in Hollich geborenen Wilhelm Schulz, der 1835 nach Holland ausgewandert und 1863 in Amsterdam verstorben ist. Über 30 Jahre beschäftigt sich die heute in Tilburg in der Provinz Noord Brabant lebende Helga Schulz mittlerweile mit ihrer Familiengeschichte. Sie hat eine umfangreiche Ahnentafel (sie reicht zurück bis ins 14. Jahrhundert) mit vielen Nebenlinien erstellt und sage und schreibe rund 28 000 Personen in ihren Aufzeichnungen erfasst. Gesucht hat sie nach Wilhelm Schulz bislang in der Bentheimer Gegend, bis sie stenvorde.de entdeckte. Ein Glücksgriff.
Wie sich mit Hilfe von Ingrid König, Petra Weiner und Auswanderer-Forscher Willi Alff herausstellte, hat Wilhelm auf dem Hof Brand, Hollich 6, gelebt. Seine Geschwister Jan, Gerhard Heinrich und Catharina waren auf den Höfen Trocke beziehungsweise Horstmann und Ascheberg untergekommen. Wilhelms Mutter wurde auf dem Hof Deitert, Hollich 65, geboren. Wilhelms Vater ist vermutlich im Tecklenburger Raum geboren, denn er wird nur 1782 in Burgsteinfurt konfirmiert, nicht getauft. Die Eltern von Wilhelm Schulz sowie seine Geschwister haben in dem Backhaus der Familie Scheiper (heute Hollich 38) gelebt. Die Eltern starben innerhalb eines Monats. Von den sieben, zwischen 1796 bis 1809 geborenen Kindern erreichten nur vier das Erwachsenenalter. Dann starb auch der ledige Gerhard Henrich mit 27. Wilhelm wanderte aus, Catharina heiratete den Schneider Johann Wilhelm Hilge in Burgsteinfurt, und von Bruder Jan (geboren 1799) verliert sich jede Spur.
Helga Schulz und Patrick van Gils waren glücklich, dass sie so viele neue Informationen gewonnen haben. Sie haben ihren Aufenthalt nicht nur dazu genutzt, im Stadtarchiv in alten Dokumenten zu blättern, sondern haben sich auch auf den Weg gemacht, Familien in Hollich zu besuchen. Ein heiße Spur erhielten sie nach dem Besuch des Hofes Scheiper auf dem Hof Schulz, Hollich 148. Dort erzählte Heinz Schulz von einem riesigen Stammbaum seines Onkels, dessen Ursprünge bis in den Tecklenburger Raum reichen. Leider hatte Heinz Schulz keine Kopie. Dafür wusste Willi Alff von einem Aufsatz eines Lehrers Schulz über Burgsteinfurter Flurnamen und von einer Akte, die noch im Stadtarchiv liegt. Helga Schulz will nun mit der Familie des verstorbenen Lehrers Johann Schulz im Osnabrücker Raum Kontakt aufnehmen, um ihre Linie weiter zu verfolgen.
Dank der Unterstützung aus Hollich ist Helga Schulz auf viele alte Papiere, Familien- und Gedenkbilder, Kamin- und Giebelinschriften, Aussteuertruhen und Schränke sowie Hochzeitstassen gestoßen, die ihr weitere Hinweise für ihre Ahnenforschung geliefert haben. Vieles kann sie in Ruhe im Hollicher Festbuch von 1990 nachlesen, das ihr Ingrid König besorgt hat. Darüber hinaus haben Willi Alff und Ingrid König in kleinen Nachtschichten weitere Informationen zur Größe und Ausstattung der damaligen Gebäude, Übersetzungen von wichtigen Teilen eines Hofvertrages sowie Infos zu den Auswanderern zusammengestellt. Petra Weiner steuerte Übersetzungen bei. Und Norbert Schröder beantwortete bei einer Stadtführung Fragen zur Ortsgeschichte.
„Mit so einem reichen Fundus und so einer Hilfsbereitschaft haben wir nicht gerechnet“, sagten Helga Schulz und Patrick van Gils bei ihrer Abfahrt. Es wird nicht ihr letzter Besuch in Burgsteinfurt gewesen sein, um Antworten auf die Frage zu bekommen: Wer sind wir? Und woher kommen wir? Das Stenvorde-Team kann sich auf weitere „Forschungsaufträge“ vorbereiten.| www.stenvorde.de