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Reformation - ein 60 Jahre währender Prozess

Auf eine Reise in die Zeit der Reformation nahm Dr. Christof Spannhoff die Besucher in der Niedermühle mit.

„Es gibt keinen fixen Zeitpunkt für die Reformation in Westfalen“. Dies erklärte Dr. Christof Spannhoff vom Institut für vergleichende Stadtgeschichte in Münster bei einem Vortrag am Montagabend (25.9.) in der Niedermühle. Sie habe sich über einen Zeitraum von 60 Jahren in drei Phasen vollzogen und im hiesigen Raum erst 1520 begonnen. Fahrt habe die Reformation in Steinfurt erst nach dem Augsburger Religionsfrieden vom 25. September 1555 aufgenommen.

Über die Anfänge des Luthertums in Steinfurt sind die Hinweise nur spärlich, so Spannhoff weiter. Für den Übertritt 1544 sei man vornehmlich auf die Aufzeichnungen des lutherischen Pfarrers Hermann Hamelmann angewiesen, die 1564 und 1568 erschienen sind, aber auf Schilderungen von Gewährsleuten beruhen.

Arnold von Bentheim-Steinfurt war mit 41 Pferden, drei Geschützen sowie finanziellen Mitteln 1533 an der Niederschlagung der Täuferherrschaft in Münster beteiligt. Noch im Dezember 1540 präsentierte der Steinfurter Graf formgerecht dem münsterschen Archidiakon einen Vikar, ein Beleg, dass die Hierachie der alten Kirche noch nicht in Frage gestellt wurde. „Es ist sicherlich kein Zufall, dass eine Hinwendung zur lutherischen Reformation erst stattfand, als sich der einflussreiche Nachbar, der Bischof von Münster, und sogar der Kölner Erzbischof ab 1542/43 offen zum neuen Evangelium bekannten“, so Spannhoff wörtlich.

 Der Bentheimer Hofkaplan Johann von Loen verurteilte die altgläubige Lehre als Götzendienst. Mit seinen Ansichten überzeugte er die Gräfin Walburg von Brederode und diese wiederum ihren Ehemann. 1544 rief Arnold von Bentheim-Steinfurt den Klerus seiner beiden Grafschaften, seine obersten Räte und den Landadel zusammen und forderte sie auf die Lehre des Augsburger Bekenntnisses anzunehmen. Die sogenannte Große Kirche außerhalb der Stadtmauern Burgsteinfurts blieb jedoch zunächst im Besitz der katholischen Johanniterkommende. Die neue Lehre fand nur langsam Eingang in Burgsteinfurt. Dazu könnte auch beigetragen haben, dass Graf Arnold erklärte, niemanden zum neuen Glauben zwingen zu wollen und es auch keine Hinweise auf den Erlass einer Kirchenordnung gibt.

Die Stadt Steinfurt verbot jedoch 1546 ihren Bürgern, Kinder auf die katholische Kommendeschule zu schicken. 1547 wurde die Schule in die Stadt verlegt, der Rat förderte damit ebenfalls die Reformation.

In Borghorst hielt die reformatorische Bewegung kurzzeitig Einzug durch die Äbtissinen Jacoba von Tecklenburg, Magarethe zur Lippe und Anna von Daum.

Eine neue Situation entstand nach dem Sieg des Kaisers über die Protestanten im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 durch das sogenannte Interim. Der katholische Gottesdienst musste wieder eingeführt, die Besitztümer der Kirche zurückgegeben und die bischöfliche Jurisdiktion erneuert werden. Das wirkte sich auch auf die Besetzung von Pfarrstellen in der Grafschaft aus.

Mit Ende des Interims 1552 wurde die Reformation in Steinfurt und Bentheim jedoch fortgesetzt. Am 25. Januar 1564 wurde der evangelische Gottesdienst auch in der Großen Kirche, über die die Johanniter seit 1270 das Patronat ausübten, eingeführt. Mit der Übernahme der Pfarrkirche und dem Erlass einer Kirchenordnung könne eindeutig von der lutherischen Reformation in Burgsteinfurt gesprochen werden, so Spannhoff weiter.

Während Arnold IV. in den 1570 Jahren zum Calvinismus übertrat, blieb seine Mutter Anna überzeugte Lutheranerin. 1575 feierte man am Bentheimer Hof erstmals das Abendmahl nach reformiertem Ritus. Die Bevölkerung blieb jedoch lutherisch. Seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) war das Luthertum als Konfession rechtlich anerkannt, der Calvinismus jedoch nicht, das geschah erst mit dem Westfälischen Frieden 1648.

Die Bentheim-Tecklenburger Kirchenordnung wurde 1588 erlassen, ein Jahr später wurde die Schlosskapelle in Burgsteinfurt umgestaltet, 1591 die Große Kirche. 1591 wurde auch das Arnoldinum von Schüttorf nach Steinfurt verlegt und wurde zur zentralen Ausbildungsstätte reformierter Prägung, erklärte der Historiker.