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Die Burgsteinfurter Glocken

Von Gottfried Bercks

Im Frühmittelalter wurden Kirchen- und Messglocken zunächst von Mönchen in Klosterwerkstätten gegossen. Erst seit dem 13. Jahrhundert hat sich außerhalb der Klostermauern ein eigenständiges Glockengießerhandwerk entwickelt. Die ersten Glocken wurden wegen ihrer eigenwilligen Form als Bienenkorbglocken bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist das Vierergeläut aus der Stiftskirche in Vreden von 9oo n.Chr., das auch in Gescher ausgestellt ist. In den späteren Jahren hat sich die heutige Glockenform durchgesetzt. Wichtig für einen guten Klang ist die exakte Berechnung ihres Profils. Mit ihr legt der Glockengießer nicht nur die Gestalt, sondern auch den harmonischen Tonaufbau und die melodische Klangfülle fest.

Schon frühzeitig hat sich die katholische Kirche der Glocken in der Liturgie bedient. So schrieb das im Jahre 801 durchgeführte Konzil von Aachen das Läuten von Glocken in Kirchen als heiligen Dienst vor. 817 wurde sogar festgesetzt, dass in einer einfachen Pfarrkirche zwei, in einer Stiftskirche drei und in einer Bischofskirche sechs Glocken vorhanden sein sollten. Das heute größte Geläut in Deutschland sind die 20 Glocken im Würzburger Dom. Innerhalb weniger Jahrzehnte nach der Christianisierung hatte sich der weit in das Umland einer Gemeine schallende Glockenklang als Aufforderung zur Kirche zu kommen aber auch als Taktgeber des weltlichen Tagesablaufs etabliert.

Im mittelalterlichen Burgsteinfurt rief die Stadt ihre Bürger mit Glockengeläut bei Feuersbrünsten, Überfällen und sonstigen Katastrophen zur Hilfeleistung auf. Auch das Morgen-, Mittag- und Abendläuten mit den Glocken der Stadtkirche hatte rein praktische Gründe. Morgens sollten die Ackerbürger für ihr umfangreiches Tageswerk rechtzeitig geweckt, mittags von ihren weit entfernt liegenden Eschen und Weiden auf dem Buracker zum Mittagstisch gerufen und abends der Beginn der Polizeistunde angekündigt werden.

Für unsere Vorfahren hatten die Glocken immer etwas Dämonisches und Mystisches. Daher  regte ihr Geläut nicht nur zur Fantasie sondern auch zu vielen Sprachschöpfungen an. So versuchten die Menschen in Rhythmus und Klangmelodie kurze Verse oder Reime hinein zu interpretieren. „Gued, dat de daut büß“, soll die Borghorster Totenglocke gerufen haben, „Sitt nen Engel in`n Toan“, schallte es vom Horstmarer Kirchturm und auch der heute noch bei den Kindern bekannte Reigenvers : „Bimmel, bammel, beier, de Köster magh kiene Eier, wat mag he denn ? Speck in de Pann. Ho, wat ist `ne Schicketann!“ ist mit Glockenklang in Verbindung zu bringen.

Gerade in den letzten Jahren haben sich Interessierte aus Heimatvereinen und Kirchen aus dem Münsterland zusammengefunden, um einen Arbeitskreis „Glockenprojekt 2008“ zu gründen und mit Leben zu füllen. Erinnert werden soll damit an den 360.Jahrestag des Westfälischen Friedens. Man will die Wurzeln der christlich abendländischen Kultur in Bezug auf Glocken, die zum Frieden läuten, sichtbar und hörbar machen. Als Schirmherr haben sich der damalige Regierungspräsident von Münster Dr. Peter Paziorek, Fürst Christian zu Bentheim und Steinfurt und Domprobst Josef Alfers zur Verfügung gestellt.

In Burgsteinfurt gibt es zur Zeit 16 Glocken, von denen neun Kirchenglocken sind, die nach vorgegebener Läuteordnung, regelmäßig zu hören sind. Fünf sind Uhrenglocken, die nur die jeweilige Uhrzeit anschlagen, während zwei Glocken –am Gymnasium Arnoldinum und ehemalige Kommendeglocke- außer Betrieb sind.

Viele Ältere von uns können sich noch an die Zeit erinnern, als im zweiten Weltkrieg 1942 die Kirchenglocken der katholischen und Großen evangelischen Kirche an die Wehrmacht abgeliefert werden mussten. Per Bahn wurden sie nach Hamburg-Harburg transportiert und dort im Freihafen auf sogenannten Reservelägern gesammelt. Es war beabsichtigt, sie zu kriegswichtigen Rohstoffen einzuschmelzen, falls die Hüttenwerke freie Kapazitäten hatten.

Das war aber wegen laufender Bombenangriffe der Alliierten nur selten der Fall, so dass ein Großteil der Glocken nach Kriegsende wieder aufgefunden wurden. Man zählte nach dem Krieg in Hamburg noch 13851 Glocken, wovon allerdings viele durch unsachgemäße Lagerung und Transport beziehungsweise durch Kriegseinwirkungen beschädigt oder zerstört waren.

Glocken in der Großen Kirche

 

Glocke große Kirche

Glocke in der großen Kirche.                             Foto: Pape
 

Im Turm der Großen Kirche hängen vier Glocken. Davon sind zwei älteren Datums, während die beiden weiteren nach dem letzten Krieg neu gegossen wurden. Die älteste und größte Glocke stammt aus dem Jahr 1668. Sie ist damals an die Stelle einer älteren Glocke getreten, die 1655 bereits als gebrochen bezeichnet war. Da diese Glocke erst 40 Jahre vorher von dem Glockengießer Everhardus Vos umgegossen wurde, hat sich die Kirchengemeinde über die unzuverlässige Arbeit zu Recht beschwert, so dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kam. Wie dieser Streit endete wissen wir nicht. Wir wissen nur aus dem Schlossarchiv, dass das Consistorium eine Kollekte anberaumte, um das Geld für den Umguß zusammen zu bekommen. Dieser erfolgte dann am 26. Juli 1668 durch Joseph Michelin. Bis heute ist diese Glocke trotz vieler widriger Umstände erhalten geblieben.  Sie hat einen Durchmesser von 1,43 m bei einer Höhe von 1.20 m. Unter der oberen Randverzierung ist eine dreireihige Inschrift zu lesen: IN GLORIAM D. O. M. MEMORIAE ET HONORI EXEQUIARUM ILLUSTRISSIMI R. S. I. COMITIS AC DOMINI D. PHILIPPI CONRADI COMITIS IN BENTHEIM TECKLABURG STEINFURT ET. - LIMBURG DNI IN RHEDA. WEV. HOJA ALPEN ET HELF. PRAEF. HAER. COL. D. MARITI SUI P. M. DILEKTISSIMI ANNA ELISABETHA WILHELMINA ILLUSTRISSIMA COMES IN BENT . - TECL. STEINFURT ET VIDVA CONSECRAVIT AC REFUNDI CURAVIT PER JOSEPHUM MICHELIN ANNO M.D.C.LXVIIII. XXIII. IVLII. (Zur Ehre Gottes und zum ehrenhaften Gedächtnis an die Beisetzung des Grafen Philipp, Konrad, Graf zu Bentheim, Tecklenburg, Steinfurt, Limburg, Rheda, Wevelinghoven, Hoya, Alpen, Helfenstein hat Anna, Elisabeth, Wilhelmina als Gräfin und Witwe mich geweiht und dafür gesorgt, dass ich durch Josef Michelin am 23. Juli 1669 neu gegossen wurde.) Darunter sieht man einen Fries mit Ranken und Putten, die auf einzelne Glocken schlagen. In Glockenmitte etwa ist beidseitig das Allianzwappen von Bentheim-Steinfurt und Tecklenburg-Rheda zu sehen. Es ist oben durch Wappentierdarstellungen und seitlich durch Blattwerk eingefasst.

Zur Erläuterung der Inschrift sei erwähnt, dass Graf Philipp Konrad nach dem Kirchenbuch in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 1668 verstarb und am 4. Juli in der Gruft seiner Ahnen, wie Döhmann sagt, beigesetzt wurde. Er war 1627 geboren und seit 1661 mit Anna, Elisabeth, Wilhelmine, der zweiten Tochter des Grafen Mauritz von Bentheim-Tecklenburg, verheiratet. Sie war beim Tod ihres 41 jährigen Mannes 27 Jahre alt.

Über die 1668 umgegossene Vorgängerglocke gibt es im Staatsarchiv Münster unter den Reichskammergerichtsachen eine Akte von 1660, aus der man den Schmuck dieser Glocke entnehmen kann. Besonderes Interesse verdient dabei die bisher einmalige Darstellung eines Stadtwappens, das von früheren oder späteren Wappenbildern doch erheblich abweicht. Im Gegensatz zu diesen sind hier die drei Türme gleich hoch und in gleicher Gestalt dargestellt. Im Inneren eines Torturmes sieht man eine, mit langen Gewändern bekleidete, Person sitzen, die offensichtlich einen Palmzweig in der Hand hält. Dazu hat Fritz Hilgemann in den 50er Jahren die Vermutung geäußert, es könne sich um den Kirchenpatron St. Willibrord handeln. Für unwahrscheinlich hielt er es, in der Figur einen Johanniter zu erkennen, da diese das Patronatsrecht an der Großen Kirche zu dieser Zeit bereits verloren hatten. Unten ist das Wappenbild durch einen Lorbeerkranz abgeschlossen, woran eine, an zwei Bändern hängende, Münze befestigt ist. Seitlich dieser Münze sind die Großbuchstaben „L“ und „W“ zu erkennen, die allerdings hinsichtlich der Zuordnung Schwierigkeiten bereiten. Nur, wenn man glaubt aus dem „L“ ein „S“ lesen zu können, wäre eine Deutung zu St. Willibrord möglich. Daneben ist der Schwan aus dem Wappen des Hauses Bentheim-Steinfurt dargestellt, der in dem Medaillon unter dem Schwanenhals das Allianzwappen zeigt.

Eine weitere ältere aber kleinere Glocke ist auf 1786 datiert. Sie gehörte zusammen mit der Glocke in der kleinen Kirche zu den vier Glocken, die 1786 durch Alexius Petit umgegossen wurden. Sie hat einen Durchmesser von 0,99 m und eine Höhe von 0.85 m. Am oberen Rand ist als Chronogramm eine Inschrift zu lesen: EGO LVDOVICO REGNANTE MAGISTRARU CURANTE IN HONORES TRIUNI RESTITUTA.(Ich bin unter der Regierung von Ludwig, auf Initiative des Magistrats, zu Ehren des dreieinigen Gottes wieder hergestellt worden). Am unteren Rand folgt dann eine weitere Schriftzeile: ALEXIUS PETIT MET SYN SOON ME FECIT MENS : AVG : AO : 1786 (A.P. hat mich mit seinem Sohn im Monat August des Jahres 1786 gegossen).

Auf der Flanke trägt die Glocke das städtische Wappen, des weiteren den aus verschlungenen Buchstaben gebildeten Namenszug des Grafen Ludwig zu Bentheim und Steinfurt. Beides ist durch die Jahreszahl 17---86 eingefasst.

Die beiden neuen Glocken, die 1949 das Vierklang-Geläut in der Großen Kirche nach mehr als 30 Jahren wieder vervollständigten, stammen aus der Glockengießerei Albert Junker in Brilon. Sie sind aus Sonderbronze und haben einen Durchmesser von 1,25 m bzw. von 0,94 m und Höhen von 0.76 m bzw. 1.00 m. Sie tragen beide folgende Inschrift:  Evangelische Kirchengemeine Burgsteinfurt, 1949. Sie ersetzten zwei Glocken, die im ersten Weltkrieg eingeschmolzen und danach nicht wieder angeschafft wurden. Die beiden älteren Glocken mussten zwar 1942 abgeliefert werden, sind aber nach dem Krieg in Hamburg wieder aufgetaucht, so dass sie in der Großen Kirche ihren angestammten Platz wieder einnehmen konnten.

Auch der hölzerne Glockenstuhl in der Großen Kirche ist von historischer Bedeutung; ist das Untergerüst doch auf das Jahr 1428 und der darauf stehende Bockstrebenstuhl auf das Jahr 1520 datiert. Das Geläut der Großen Kirche läutet samstags von 18 bis 18.10Uhr  mit drei Glocken den Sonntag ein. Ansonsten läuten sie nur zu den Gottesdiensten und zwar dreimal vorher und einmal nachher beim Hinausgehen der Gläubigen, jeweils fünf Minuten. In der Adventszeit, Passionszeit, Buß- und Bettag, Ewigkeitssonntag wird dieses Läuten nur mit den beiden großen, dunklen Glocken durchgeführt. An großen Festtagen und zum Jahreswechsel erklingen alle vier Glocken als Festgeläut. Karfreitag und Karsamstag schweigen alle Glocken. Für besondere Gottesdienste, Einläuten des Neuen Jahres, Überführungen und Trauerfeiern gibt es Sonderregelungen.

Einen interessanten Hinweis haben wir aus dem evangelischen Kirchenarchiv bekommen, als uns der Brief eines Lohmeyer in die Hände fiel, der sich 1866 über den Küster der Großen Kirche wegen mangelhaften Glockengeläuts beschwerte und dabei „katholische Hilfsläuter“ erwähnte. Im weiteren Verlauf des Briefes spricht er davon, dass diese zu Gottesdiensten und Beerdigungen zum Läuten herangezogen würden, obwohl umgekehrt, die katholische Kirche dem wohl nie zugestimmt hätte. Interessant sind auch die Sonderrechte der Friedhöfer. Wenn einer von Ihnen starb, wurde die Totenglocke der Großen Kirche solange geläutet, bis der Trauerzug den Friedhof verlassen hatte. Den Angehörigen entstanden dadurch keine zusätzlichen Kosten.

Glocken der katholischen Kirche St. Johannes Nepomuk.

Willibrordglocke

Die Willibrordglocke.                          Foto: Pape

In dem Dachreiter der katholischen Kirche in Burgsteinfurt hängen 4 Glocken neueren Datums, die nach dem letzten Krieg neu gegossen und eingeweiht wurden. Dabei sind die Nepomuk-, Willibrord-  und Josefglocke auf einer Ebene aufgehängt, während die kleine Marienglocke mittig darüber hängt. Die Nepomukglocke hat einen Durchmesser von 0.83 m, eine Höhe von 0.65 m und trägt folgende Inschrift: oben: S. Joannes Nep. ora pro nobis! (St. Johannes Nepomuk bitte für uns); unten:  Tacendo, noster magne patrone, Tu Dei laudem annuntiasti; Ego loquendo Deum honoro. (Durch Schweigen, unser großer Patron, hast Du das Lob Gottes verkündet. Ich ehre Gott, indem ich rede.)A.D.  1948 (im Jahre des Herrn 1948). Die Willibrordglocke hat einen Durchmesser von 0.75 m, eine Höhe von 0.65 m und trägt folgende Inschrift: oben: S. Willibrorde, qui quondam in hac  Civitate ore aeneo Deum laudasti.  (Heiliger Willibrord, der du einst in dieser Stadt, Gott mit eisener Sprache gepriesen hast);
unten:  Cura, ut bello terrarum confecto Omnes vocem tuam audiant! A.D. 1948 (sorge dafür, dass nach Beendigung des Weltkrieges alle Deine Stimme hören; im Jahre des Herrn 1948).
Die Josefglocke hat einen Durchmesser von 0.66 m, eine Höhe von 0.55 m und trägt folgende Inschrift:  S. Josph, patronus sit nobis in vita Et morte! A.D. 1948 (Hl. Josef, sei unser Schutzherr im Leben und im Tod; im Jahre des Herrn 1948).
Die Marienglocke hat einen Durchmesser von 0.55 m, eine Höhe von 0.43 m und trägt Folgende Inschrift: Sankta Maria, Die genetrix, virgo, ora pro nobis, A.D. 1948.(Hl. Maria, Gottesmutter, Jungfrau bitte für uns. Im Jahr des Herrn 1948)                                              

Die Geschichte der Glocken der katholischen Kirche St. Johannes Nepomuk beginnt mit dem Bau der Kirche im Jahre 1721. Damals bekam der „Stückgießer“ Johann Scheyhs den Auftrag zwei Glocken zu gießen. Entsprechend dem politischen und kirchlichen Vergleich von 1716 soll in der neuen Kirche, wie im Hochstift üblich, geläutet werden, auch beim Tod von Angehörigen der gräflichen Familie und des Bischofs von Münster.

Nach dem Erweiterungsbau 1885 wurde das Geläut um zwei weitere Glocken ergänzt. Diese vier Glocken mussten, mit Ausnahme der kleinen Marienglocke, die 1905 angeschafft wurde, 1917 für die Rüstungsindustrie abgeliefert werden. Während die größte Glocke St. Johannes Nepomuk nach dem Krieg zurückkam, sind die drei eingeschmolzenen Glocken 1925 durch zwei neue ersetzt worden. Auch im 2. Weltkrieg erfuhren die größeren Glocken das gleiche Schicksal, lediglich die kleine Marienglocke blieb der Pfarrgemeinde erhalten.

Nach dem Krieg gestaltete sich die Wiederbeschaffung sehr schwierig, da die Bezahlung nur mit Naturalien möglich war. So dauerte es bis 1948, ehe vier neue Glocken, die bei Petit und Edelbrock in Gescher gegossen waren,  in einer feierlichen Prozession von Nolte/Nölleke in der Bauerschaft Veltrup in einem, mit Girlanden geschmückten, Pferdeleiterwagen zum Kirchplatz geholt wurden, wo Dechant Hunkemöller die Einsegnung vornahm. Die kleine Marienglocke war bei diesem Handel mit in Zahlung gegeben worden.Heute hängen die vier Glocken im Dachreiter der katholischen Kirche und läuten die Gottesdienste ein.

Wie durch ein Wunder hat die Nepomukglocke nicht nur den ersten sondern auch den zweiten Weltkrieg, allerdings beschädigt, überstanden. Sie wurde  mit einem großen Loch auf dem Glockenfriedhof in Hamburg wieder gefunden und ist auf dem Brauereigelände von Rolinck zwischengelagert worden. Das wissen wir aus einem Bericht von Fritz Hilgemann im Steinfurter Heimatboten vom März 1952. Scheinbar war das Vorhandensein dieser Glocke 1948 noch nicht bekannt, denn ansonsten hätte man sie sicherlich einschmelzen und beim neuen Guß mit verwenden können.Was aus dieser Glocke geworden ist, konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht werden.

Die Glocken der katholischen Kirche läuten um 16.30 Uhr für fünf Minuten am Vorabend den Sonn- und Feiertag ein. Außerdem wird täglich um 7.30, 12.00 und 18.30 mit drei x drei Schlägen auf Nepomuk und Marien zum Angelus gerufen. Ansonsten wird zu den Gottesdiensten eine viertel Stunde vorher, jeweils fünf Minuten geläutet, an Wochentagen mit der Marienglocke, an Sonntagen mit der Willibrord und der Josefglocke. Der Vierklang ist nur an den großen Festtagen zu hören. Bei Beerdigungen läutet die Nepomukglocke vor der Trauermesse und beim Auszug zum Grab. Die Nepomuk- und Willibrordglocke kommen bei Hochzeiten zum Einsatz. Bei der Wandlung werden in jeder Messe zwei x drei Einzelschläge über die Zeitschaltuhr geregelt.

Glocke der Kommende

Glocke Kommende  
Glocke in der Kommende.            Foto: Pape  

Im Torhaus der Kommende hing mindestens bis zur Auflösung der Johanniterniederlassung im Jahr 1811 eine kleine Glocke, die heute einschließlich Uhrwerk und Zifferblatt im Stadtmuseum zu bewundern ist.Sie hat einen Durchmesser von  45cm, eine Höhe von 40cm und eine Kronenhöhe von 7cm.Sie trägt am oberen Rand zwischen zwei Zierbändern aus Blumen- und Weinrebenfries folgende Inschrift: SOLI DEO GLORIA. GERHART SCHIMMEL ME FECIT DAVENTRIAE: 1687 (Ehre sei dem einzigen Gott. G.S. schuf mich in Deventer).

1687 ist das Jahr, als die Kommendekapelle erbaut wurde. Das unterhalb der Schriftzeile auf dem Glockenmantel angebrachte Wappen weist mit dem Johanniterkreuz und aufgelegter doppelter Lilie auf den Erbauer der Kapelle, den Komthur Friedrich von Korff, genannt Schmiesing, hin, der auch in dem Wappenstein über der Eingangstür der Kapelle genannt ist. Links und rechts von dem Wappen sieht man einen Engelskopf und zwischen diesem und dem Wappen die Buchstaben F.K. bzw. G.S., die als Friedrich Korff und Gerhart Schimmel zu deuten sind. Die Turmglocke aus dem Torhaus der Kommende hat früher sicherlich die Johanniter zu den Gottesdiensten gerufen. Später diente sie als Uhrenglocke. Wann sie ins Schloß gekommen ist, ist nicht belegt. Jedenfalls war sie 1930 dort, als sie nach Völklenswald in Württemberg verkauft werden sollte, um dort in dem Türmchen eines Gutshofes aufgehängt zu werden. Da sich die Glocke dafür aber als zu groß erwies, kam sie über Bentheim ins fürstliche Schloß zurück, wo sie dann 1987, als das Stadtmuseum eingerichtet werden sollte, einen geeigneten Platz fand.                      

Glocke der kleinen Kirche

In der Kleinen Kirche, auch Stadtkirche genannt, hängt eine Glocke, die über den letzten Krieg hinaus gerettet werden und nach dem Wiederaufbau der Kirche ihren Platz im Turm wieder einnehmen konnte. Sie hat einen Durchmesser von 0.76 m und eine Höhe von 0.70 m. Am oberen Glockenrand trägt sie unter einem Zierband folgende Inschrift:  OVES CHRISTI VOCEM MEAM AUDIUNT ET ME SEQUUNTUR.(Die Schafe Christi hören meine Stimme und folgen mir) - Zitat nach Johannes 10.2-4. RESTAURATA. (restauriert) vermutlich ohne Bezug zur oberen Zeile, darunter: ALEXIUS PETIT CUM FILIO SUO FECIT MENS: AVG : AO . 1786 (A.P. hat mich mit seinem Sohn im Monat August 1786 gegossen). Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man das Wappen der Stadt Burgsteinfurt zwischen der Jahreszahl 1786, auf der Vorderseite der verschlungene Namenszug L B des Grafen Ludwig zu Bentheim-Steinfurt eingerahmt von der gleichen Jahreszahl.

Nach der Läuteordnung vom 19.06.06 ruft die Glocke täglich um 7, 12 und 18 Uhr fünf Minuten zum Gebet. Samstags fällt das Läuten um 18 Uhr, sonntags um 7 Uhr aus. Vor den offiziellen Gottesdiensten wird dreimal vor und einmal danach (beim Rausgehen der Gläubigen) fünf Minuten geläutet. Bei sonstigen Gottesdiensten einmal davor und einmal danach. Karfreitag und Karsamstag schweigen die Glocken.

Bei der Glocke der Kleinen Kirche handelt es sich um eine der vier Glocken, die 1786 umgegossen worden sind. Drei davon hingen bis zum ersten Weltkrieg in der Großen Kirche.Glücklicherweise überstand diese Glocke beide Weltkriege und konnte auch bei dem Brandbombenangriff auf Burgsteinfurt am 22.März 1945, als die Kleine Kirche ein Opfer der Flammen wurde, gerettet werden. Sie war aus dem Turm gefallen und hatte sich in dem engen steinernen Turmaufgang verklemmt, wo sie den Flammen nicht direkt ausgesetzt war. Sie fand direkt nach dem Krieg in der Großen Kirche Verwendung, wo sie als einzige Glocke  große Dienste tat. Als dann nach 1949 das Geläut der Großen Kirche wieder vollständig war, ist sie an ihren alten Standort in ein neues Glockengestühl zurückgebracht worden. Da sie faustdicke Aushöhlungen in der Glockenhülle hatte, sollte sie nach anfänglichen Überlegungen umgegossen werden. Jedoch sprach der Denkmalschutz dagegen, so dass nur der Klöppel um 45° gewendet wurde, um einen neuen Anschlagspunkt am Glockenmantel zu haben. In der Kleinen Kirche hat sie dann am 24.06.1951 bei einem Dankgottesdienst unter freiem Himmel erstmals wieder eine Andacht eingeläutet.  

Glocken im Schlossturm

Der vom Uhrenturm des Schlosses zu hörende Zweiklang rührt von zwei Glocken her, die im Gestühl übereinander hängen. Die obere kleinere Glocke hat einen Durchmesser von 0,35 m und eine Höhe von 0,26 m, bei einer Kronenhöhe von 8 cm. Zu jeder viertel Stunde erklingt ein Glockenschlag. Sie ist nach Aussage des ehemaligen Stadtarchivars Fritz Hilgemann ein wahres Kunstwerk und trägt folgende Inschrift: SOLI DEO GLORIA 1732 (Gott allein sei Ehre). Die untere größere Glocke hat einen Durchmesser von 0,48 m und eine Höhe von 0,42 m, bei einer Kronenhöhe von 8 cm. Ein Hammerwerk schlägt von außen die Glocke zu jeder vollen Stunde mit der Stundenzahl an.Sie hat keinen besonderen Schmuck weder Inschrift noch Wappen oder Jahreszahl. Der Glockenmantel ist sehr grob gearbeitet. Fritz Hilgemann äußert in einem Bericht der Steinfurter Zeitung vom 10. September 1963 die Vermutung, dass diese Glocke aus dem, im siebenjährigen Krieg abgerissenen, Turm der Schlosskapelle (erbaut 1180) stammt und daher sehr alt sein könnte. Claus Peter, der Glockensachverständige des Landeskonservators und der evangelischen Kirche von Westfalen hat eine Datierung auf etwa 1300 vorgenommen.

Glocke im Alten Rathaus  

Glocke im Alten Rathaus
Glocken im Alten Rathaus.                                Foto: Pape

Sie hat einen Durchmesser von 0.75 m und eine Höhe von 0.54 m; hängt in einer 12 cm hohen Krone von sechs Ringen, in deren Mitte sich ein starker Doppelring befindet. Der gesamte Glockenmantel ist mit einen Rautenmuster verziehrt, das von drei Linien und Schnüren eingefasst ist. Über der Verziehrung des oberen Randes steht folgende Inschrift:Anno d(omi)ni M.CCCC.XV in honore s(anc)ti Willibrordi patroni n(ost)ri.(Im Jahre des Herrn 1415 zu Ehren des hl. Willibrord, unseres Patrons). Sie gehört zu den ältesten Glocken unseres Raumes und stammt nachweislich aus der großen Kirche, deren Patron der hl. Willibrord ist. Über ein Jahrhundert hat sie dort gehangen. Erst als im April 1553 der Raubzug des Herzogs Philipp Magnus von Braunschweig das Münsterland und auch Steinfurt bedrohte, fürchtete der Landesherr um den Bestand der Großen Kirche, die ja bekanntlich nicht im befestigten Bereich der Stadtmauern lag. Aus diesem Grunde ließ die damals regierende Gräfin Walburg von Brederode, die nach dem Tod ihres Gatten Arnold II (1497-1553) die Vormundschaft für ihren Sohn Arnold III inne hatte, die beiden Glocken vom Turm der Großen Kirche holen, um diese aufs Schloß in Sicherheit zu bringen. Nachdem sie dort einige Jahre gelegen hatten, übergab Walburg eine dieser Glocken den Bürgern der Stadt Burgsteinfurt, mit der Maßgabe, diese in der neu erbauten Stadtkirche (Kleine Kirche) aufzuhängen. Da jedoch der Bau des Rathauses anstand und das Selbstbewusstsein der Bürger insbesondere durch diesen Rathausbau erheblich gestiegen war, beschloß man in der Stadt, die Glocke nicht, wie vorgesehen, in der Stadtkirche, ondern im Turm des Rathauses aufzuhängen. Gegen dieses Vorhaben wendete sich die Gräfin und verlangte die Glocke zurück. Das traf allerdings auf den Widerstand bei einigen Bürgern, so dass es um die ehemalige Kirchenglocke einen langwierigen Streit gab, der sogar vor dem Reichskammergericht in Speyer ausgetragen wurde. Dabei erwirkte die Gräfin am 15.Oktober 1559 gegen fünf Steinfurter Bürger ein Mandat wegen Rebellion gegen die Obrigkeit: Hieronymus Bouwer, Andreas Schnippe, Dietrich Schwertfeger, Bernhard Stuker und Bürgermeister Hans Hesse. Wie sich der Prozess weiter entwickelt hat, ist nicht bekann. Jedoch blieb die Glocke im Besitz der Stadtgemeinde, wo sie 1570 nach Vollendung des Rathausturmes als Uhrenglocke aufgehängt wurde.Sie schlägt heute volle und halbe Stunden an.

Die ehemalige Glocke vom katholischen Krankenhaus

Diese Glocke, die bis 1994 regelmäßig zu den Messen im Krankenhaus läutete und zur Wandlung von der Kapelle aus noch per Hand bedient wurde, ist im Zuge des Abbruchs leider verschwunden. Die letzten Clemens-Schwestern sollen nach mündlicher Überlieferung die Glocke (an einen Kaplan) verschenkt haben. Sie soll heute in Geldern in einer Friedhofskapelle hängen.Sie hatte folgende Inschrift: Maria salus infirmorum Ora pro nobis (Maria Heil der Schwachen bitte für uns); Post bellum terribile 1939-1945 Hunkemöller parochus me donavit   (nach dem schrecklichen Krieg hat Hunkemöller mich gestiftet). Auf der Rückseite ist auf den Glockengießer verwiesen: Petit und Gebr. Edelbrock, Gescher/Westfalen. Sie ist der Ersatz für eine Glocke, die aus dem letzten Krieg nicht zurückkam.

Die Glocke im Arnoldinum 

Die Glocke hängt in einem Glockenturm auf dem Freigelände vor dem Arnoldinum.Ihre Abmessungen sind uns nicht bekannt. Sie trägt folgende Inschrift: DOCENTIBUS ET DISCENTIBUS INSERVIO 1708 (den Lehrenden und Lernenden diene ich).

Als im Jahre 1591 die neu gegründete Hohe Schule von Schüttorf nach Steinfurt verlegt wurde, musste Graf Arnold in aller Eile ein dreigeschossiges Schulhaus bauen. Es hatte zwei Türme. „Auf dem einen hing die Schulklock, womit zu den Lektionen geläutet wird, auf dem anderen ist ein Uhrwerk mit einem Glöckchen, welches halb und heel schleget und auf allen Seiten mit dem Zeiger weiset“. Um die Geschichte dieser Glocke zu erfahren, mussten wir uns mit der Borghorster Stiftsgeschichte beschäftigen. Die Glocke stammt von der Stiftskapelle in Borghorst, die neben der alten Kirche stand. Im Jahr 1624 beklagte sich nämlich die Äbtissin und das Stiftskapitel beim Erzbischof von Köln und Bischof von Münster über ihren Stiftsvogt, den Edlen von Steinfurt, der neben anderen Übergriffen auch die Kapellenglocke von Borghorst nach Burgsteinfurt entführt hätte. Die Tat sei umso verwerflicher, als die geweihte Glocke zu heiligen Zwecken bestimmt sei und nun auf einer unkatholischen Schule seinen Klang ertönen lasse. Die Verärgerung des Kapitels war zu verstehen, standen dem Vogt doch zumindest in geistlicher und kirchlicher Hinsicht keine Rechte zu.  

Aber alles Klagen nutzte nichts. Die Glocke blieb in Burgsteinfurt und läutete zu Vorlesungsbeginn über zwei Jahrhunderte in der Hohen Schule.
Im 30jährigen Krieg ist sie von hessischen Truppen verschleppt aber bald darauf wieder eingelöst worden. 1708 ist sie, wie Rübel berichtet, von Johann Hermann Schallenberg umgegossen worden. Als im Jahre 1859/60 an der Wasserstraße das Gymnasium gebaut wurde, ist die Schulglocke mit umgezogen und bekam sogar auf dem Dachfirst ein eigenes kleines, gemauertes Glockenhäuschen. Hier hat sie am Tag nach der Einweihungsfeier am 16.10.1860, als Erbstück der Hohen Schule, wie Rübel schreibt, erstmals wieder den Unterricht eingeläutet.

Beim Neubau des Gymnasiums am Pagenstecher Weg ist 1967extra für die Schulglocke ein freistehender Glockenturm aus Beton errichtet worden, worin die für die Steinfurter Geschichte doch so interessante Glocke einen neuen Platz fand. Bis etwa um die Jahrtausendwende hat sie jeden Morgen fünf Minuten lang Lehrer und Schüler zum Unterricht gerufen. Seitdem ist die Steuerung defekt und die Antriebstechnik eingerostet, so dass die Glocke heute ein trauriges Dasein fristet.

Glocken in der Hohen Schule

Nach dem zweiten Weltkrieg, wo die Hohe Schule bis auf die Außenwände ausbrannte, konnte glücklicherweise durch den Einsatz des städtischen Vorarbeiters Bock eine der dortigen zwei Uhrenglocken gerettet werden. Sie hat einen Durchmesser von 0.59 m, eine Höhe von 0.55 m und eine Kronenhöhe von 21cm.Auf einem 2.5 cm breitem Schriftband am oberen Rand ist folgende Inschrift zu lesen: ALE DE MI HORET DE DON ALB(S) EN VAN GADES RECTE GEBROT, HERMAN RAMELKAMP, MI GATEN : 1597 (Alle, die mich hören, die tun, wie es ihnen nach Gottes Recht gebührt, 1597).

In der Glockenmitte ist ein 8,80 cm hohes Wappen des Gründers der Hohen Schule Arnold IV (1554-1606) zu sehen. Es stimmt genau mit dem Wappen in der älteren der beiden Wetterfahnen überein. Die Jahreszahl 1597 weist darauf hin, dass die Glocke zu einem Zeitpunkt gegossen wurde, als die Hohe Schule in Burgsteinfurt schon vier oder fünf Jahre bestand. Von der anderen Glocke konnten wir keine Einzelheiten erfahren. Nach einer Zeitungsnotiz in der WN vom 28.03.1986 soll es sich um eine neue Glocke handeln, die heller als ihre ältere Kollegin klingt.
Beide Glocken geben mit ihren Schlägen die halbe und volle Stundenzahl an.

Möge der Klang der Glocken auch in Burgsteinfurt nie verstummen und weiterhin von Frieden, Freiheit, Verständigung und Freundschaft künden.